Die peruanische Stadt Juliaca: Stadt der Winde und Strickwaren

Es ist aller Wahrscheinlichkeit nach der im Jahresmittel eher kühleren Witterung auf der Kordilleren-Hochebene Altiplano in ca. 3600 Meter Höhe über dem Meeresspiegel zu verdanken, dass man sich in der größten südöstlichen peruanischen Stadt Juliaca am Nordufer des Titicacasees schon seit jeher ausgiebig und kunstfertig der Produktion von wärmenden Textilien, insbesondere aus der lokalen Alpaca-Wolle widmet. Bereits in präkolumbianischer Zeit stand die heute um die 220 000 Einwohner fassende Stadt in dem berechtigten Ruf ein überregional bedeutendes Zentrum der Herstellung von Mützen, Schals und Bekleidung aller Art zu sein, von den jährlich über 100 000 Besuchern kommen viele auch um sich mit Textilien einzudecken.
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Mittlerweile ist Juliaca die wichtigste Wirtschaftsmetropole im umliegenden Departement Puno wie auch im gesamten südlichen Peru. Als Handelsposten zusätzlich durch die Lage am Titicacasee und der Grenze zu Bolivien begünstigt, haben sich dort im Laufe der Jahrhunderte zahlreiche Branchen und Wirtschaftszweige fest etabliert, Schwerpunkte sind neben dem Handel das produzierende Industriegewerbe sowie Transportwesen und Logistik. Es wird übrigens vermutet, dass genau aus dieser Andenregion die Kartoffel als Kulturpflanze ihren Ursprung hat, die große Anzahl an noch heute häufig servierten lokalen Gerichten mit der an Stärke reichen Knolle als Bestandteil scheint diese These zu erhärten.



Schneiderei der Anden und Heimat der Kartoffel

Ungefähr seit dem Jahr 4000 vor Christus von der regionalen Urbevölkerung der hauptsächlich vom Fischfang, und auf selbst gefertigten Inseln aus Schilf lebenden „Uros“ besiedelt, profitierte das Gebiet des heutigen Juliaca in der Zeit zwischen 1000 und 500 vor Christus zunächst von der Qaluyo-, zwischen 200 vor und 200 nach Christus von der damals in den gesamten Anden herrschenden Pukara-Kultur. Bis zur Eroberung durch die Spanier im Jahr 1550 war die Gegend um die Stadt immer wieder ein umkämpfter Zankapfel zwischen den indigenen Vökern der Huaynarroque, Tiahuanaco, Colla und schließlich der Inka. In der Kolonialzeit wurden dann im Laufe von fast 125 Jahren die noch heute existente Kirche Matriz de Santa Catalina errichtet, außer einer kurzen Rebellion zwecks Schaffung einer Autonomie in den Jahren 1666 bis 1668 blieb es jedoch bis zur Unabhängigkeit in und um die Stadt recht ruhig, und man widmete sich wie eh und jeh konzentriert dem Wirtschaftsleben. Diese Geschäftstüchtigkeit hat Juliaca neben den in der Überschrift bereits genannten Beinamen eine Menge weiterer Spitznamen schmeichelnder und eher abschätziger Natur verliehen, so zum Beispiel „Taiwan de América“ (Taiwan Amerikas), „Chicago chico“ (Klein-Chicago), „Eje comercial del sur“ (Kommerzachse des Südens) und „Capital Económica de Puno“ (Handelshauptstadt des Puno).






Der wirtschaftliche Motor am Titicacase

Dieser Eigenschaft als „Boomtown“ verdankt Juliaca aber natürlich auch seine recht gute Anbindung an Verkehrswege aller Art, so befindet sich dort mit dem Flughafen Internacional Inca Manco Cápac der einzige in der gesamten Puno-Region, die Stadt ist ein Straßenkreuz für die Anbindung an Städte wie Cuzco, Arequipa, Puno, Huancané und Lampa und außerdem über die Autobahn Interoceánica Sur mit Brasilien verbunden, das einst wie heute für den Transport von Waren und Gütern immens wichtige und bereits seit der Mitte des 19. Jahrhunderts bestehende feine Schienennetz wird zunehmend auch touristisch genutzt. In der Stadt selber lohnt vor allem ein Bummel an der zentralen Plaza Bolognesi mit dem großen Einkaufszentrum Galería las Calceteras, welches die eingangs erwähnten typischen Textilien anbietet, dort kann man auch die Kirche La Merced besichtigen. Weitere urbane Sehenswürdigkeiten sind das romanische Franziskanerkloster Santa Bárbara an der Plaza de Armas und der Aussichtspunkt samt weißer Christusstatue auf dem Cerro Huaynarroque, ca. 10 Km außerhalb in nordöstlicher Richtung liegt die speziell in der Regenzeit an Flora und Fauna sehr reiche und somit attraktive Laguna de Chacas. Ebenfalls empfehlenswert und nicht weit entfernt sind die Inka-Ausgrabungsstätten von Sillustani in der Lagune von Umayo sowie die beiden staatlichen Wanderwege zur Aimara und Quechuakultur zwischen Puno und Desaguadero bzw. Sandia, die zumeist entlang der Ufer des traumhaft schönen Titicacasees verlaufen und unvergessliche Aussichten bieten.

Karneval und Kinderspielzeug

In Peru wie auch Bolivien ist Juliaca übrigens auch besonders bekannt für seinen prächtigen und farbenfrohen Karneval, das mit ganzen 7 Tagen längste diesbezügliche Fest beginnt jedes Jahr am 20 Januar um dann in der Woche vor dem Aschermittwoch die ganze Stadt in ein buntes Meer aus Blumen, leuchtenden Lampions, Konfetti, Luftschlangen und wild kostümierte Menschenmassen zu verwandeln. Begleitet wird das sehenswerte Fest von Umzügen und Prozessionen sowie Tanz- und Kostümwettbewerben. Einer der wichtigsten Tänze während des Karnevals ist der noch aus der Vor-Inkazeit stammende Gruppentanz „Qashwa“, der gleichermaßen in Bolivien wie auch in Ecuador zelebriert wird, in Peru wird er offiziell zum immateriellen Nationalerbe gezählt. Nicht weniger farbenfroh und vor allem für Freunde und Anhänger motorisierter bzw. elektrifizierter Miniaturen von Interesse, ist die jedes Jahr am 3. Mai beginnende Feria de las Alasitas, bei der neben Waren des täglichen Bedarfs vor allem Spielzeug aller Art und teils skurrile Souvenirs verkauft werden, dort finden Sie ganz sicher ein paar schöne Mitbringsel.

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